Gedanken-power! |
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Allgemeines über Suggestionen |
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Über die Macht der Autosuggestion
Emil Coué
Was macht unsere Existenz aus? Was ist es, das die Welt "im Innersten zusammenhält"? Die moderne Wissenschaft kennt in dieser Hinsicht nur eine Antwort: die Materie sowie die sie blind vorwärts treibenden Naturgesetze. Tatsächlich aber wird unser Schicksal durch eine andere Realität in weitaus größerem Maße bestimmt: den Geist. Dies drückt sich in vielfältigen für die reine Vernunft unerklärlichen Phänomenen und Beobachtungen aus. Eine der fesselndsten darunter ist zweifellos die Macht der Autosuggestion und "Gedankenheilung", entdeckt vor 100 Jahren in ihrer modernen Variante von einem "kleinen Apotheker" aus Nancy. Seine berühmte Selbstbestärkungsformel ging damals um die Welt - und ist heute aktueller denn je.
"Gedanken sind geflügelt feurige Rosse. Ungezügelt stürmen sie mit dir davon, wohin du nicht willst. Weißt du sie aber zu lenken, so wirst du deines Schicksals Meister." - Joseph Anton Schneiderfranken, genannt Bo Xin Ra, 1876-1943)
Wenn nun bald wieder einmal die guten Vorsätze hervorgekramt werden, sollten wir eine Sache unbedingt beachten: Es gibt vielleicht kaum einen besseren Start ins neue Jahr als mit Emil Coué und seiner berühmten "Formel". Denn der Gewinn, den die von ihm gefundene Form der positiven mentalen Selbstbestärkung verspricht, ist real und reell, nicht etwa das, was man umgangssprachlich "Einbildung" nennt. Viele Spötter und Skeptiker sahen sich genötigt, dem Weisen aus Nancy schließlich Genugtuung widerfahren zu lassen, auch wenn sie zuvor erst einmal abfällig über die Leichtgläubigkeit der Menschen und den "Couéismus" den Kopf geschüttelt haben.
Es klang alles ganz einfach zu schön, um wahr zu sein: War es denn tatsächlich denkbar, dass sich durch eine Art "Selbsthypnose" schwere Krankheiten und Depressionen überwinden ließen? Im Couéismus sah man deshalb, aus rationalistischer Perspektive betrachtet, die ewig-menschliche Neigung verkörpert, Dinge schön zu reden.
Dies ging und geht jedoch weit am Wesen und Gehalt der Methode vorbei. Denn schon unser "grobstofflicher Körper" setzt sich komplexer zusammen als es die herkömmliche Naturwissenschaft glauben machen will. So kennt beispielsweise die am Buddhismus orientierte Tibetische Medizin, gut nachvollziehbar, allein in dieser Hinsicht "fünf Aggregate" (Formgebung, Emotion, Wahrnehmung, kompositionale Faktoren sowie Bewusstsein). Zugänge zum Kern unserer Spiritualität eröffnen sich von jedem solchen "Fenster" aus. Diese eigentliche existenzielle Wirklichkeit gründet aber auf jeden Fall tief und weist eine enge Beziehung zu bestimmten Bewusstseinszuständen auf oder besser gesagt zu dem, was unterhalb der Oberfläche der Tagesgedanken wirkt. Es ruhe und arbeitet im Unterbewussten und seinen archetypischen Anteilen (C.G. Jung), in unserem geistigen Herkommen, der ungreifbaren aber auch unauflöslichen Verbindung zu jenem Urgrund, aus dem Raum und Zeit nach den Anschauungsformen, unseres (Auf-) Fassungsvermögens hervorgehen.
Der Mensch verfügt nicht nur über seine fünf Sinne (Sehen, Hören, Riechen, Schmecken, Tasten). Uns stehen mehr Antennen zu Gebote, um sowohl die Welt der offen zutage liegenden wie auch der verborgenen Merk-Würdigkeiten auszuloten. Auch heute noch lassen sich vielfältige Indizien für die Wirkungen von Bewusstseinsprozessen auf Körperabläufe und die Überlegenheit des Geistes über die Materie aufspüren. Die metaphysische Schau der Welt ist dem heutigen Denken so fremd geworden, dass man für diese eigentlich selbstverständliche Seite menschlicher Identität kompetente Sachverständige in den Zeugenstand rufen muss, um nicht als "Parapsychologe" oder abgehobener spiritueller Traumtänzer abgetan zu werden.
Dabei hatte schon/noch der Dichter Heinrich Heine, selbst durchaus in vielerlei seelischen und leiblichen Schmerzen zuhause, dem Geist die "Obermacht über das Fleisch" zugewiesen. Und man kann den Bogen natürlich noch viel weiter spannen: Heute stehen wir - im Eindruck einer alles übertönenden Mediengesellschaft - an der Schwelle zu einem "grauenhaft kolossalen Materialismus", wie er sich auch zu Ende des römischen Reiches entfaltet hatte und "alle geistigen Herrlichkeiten des Menschen zu vernichten drohte" (so Heine in seiner "Romantischen Schule").
Als ein solches meta-physisches Einsprengsel ins Weltbild der Moderne erweist sich z. B. die ganz erstaunlich bezwingende Kraft der Gebete: Sie können tatsächlich heilen und helfen. Dies ist wissenschaftlich vielfältig belegt. Der Glaube kann Berge versetzen, wie es treffend in der Bibel heißt.
Oder man erinnere sich an das Ärztepaar Carl und Leslie Simonton: Sie wenden schon seit vielen Jahrzehnten die Imagination mit Erfolg in der Krebsbekämpfung an. Bemerkenswerte Resultate werden auch aus der sog. Psycho-Neuro-Immunologie berichtet. Das Verfahren wurde vor einem Vierteljahrhundert vom amerikanischen Psychologen Robert Ader begründet und unterstreicht die vielfältigen Wechselwirkungen, die unsere seelischen Befindlichkeiten und Antriebe mit der Nerven- und Drüsentätigkeit und insbesondere körpereigenen Abwehr verbindet. In diesem Zusammenhang konnte man inzwischen eindeutig belegen, dass eine positive, bejahende, humorvolle, "unverkrampfte" Einstellung zum Leben im Gehirn vermehrt Botenstoffe wie das Dopamin erzeugt, was uns wiederum ein Hochgefühl vermittelt, Depressionen vertreibt und Schmerzempfindungen unterdrückt. Auch hier hätte man eigentlich nur dem "Volk aufs Maul schauen" müssen, um früher klug zu werden. Heißt es doch nicht umsonst: "Lachen ist die beste Medizin". Dies gilt nicht nur für die gute Laune, sondern auch hinsichtlich des Immunsystems: Wer sich bewusst positiv auf den Tag einstimmt, vermehrt nachweislich die Zahl bestimmter Abwehrkörper wie etwa Immunglobulin A sowie die sog. Killerzellen, "wodurch unsere körpereigene Abwehr schneller und effektiver arbeiten kann" (Dr. Jeno Ebert).
Besondere Aufmerksamkeit finden international neuerdings außerdem die Forschungen zum Placebo in der Medizin. Hierbei handelt es sich um ein bemerkenswert vielversprechendes Forschungsfeld. Während man den Gegenstand früher eher "mit spitzen Fingern" anfasste und meinte, die damit zusammenhängenden Gesichtspunkte berührten "paramedizinische" Grenzgebiete, hat man neuerdings endlich erkannt, dass es sich hierbei um mehr als nur Kuriositäten und "Scheinmedikamente" handelt. Vielmehr konnte eben gerade in einer Placebo-Studie der Universität Michigan nachgewiesen werden, "dass durch die Einnahme im Gehirn Chemikalien aktiviert werden, die Schmerzen lindern". Es laufen hierbei also auf noch völlig unbeklärten Wegen infolge immaterieller, nicht einmal bewusst wahrgenommener geistiger Anstöße zielgerichtete "materielle", messbare Prozesse ab.
Ähnliche Ergebnisse wurden jüngst im "New Scientist" veröffentlicht. Sie belegen, dass die Verordnung von Blindpräparaten eine vermehrte Produktion von Endorphinen zur Folge hat, was den Schmerz unterdrückt. Die Vorstellungskraft, so hat also auch die Wissenschaft gefunden, ist ein mächtiges Werkzeug, und zwar sowohl zum Guten wie Bösen. Denn vielfältig sind die Zeugnisse dafür, dass man den Körper mit Hilfe solcher Bilder geradezu verzaubern kann. Nur müssen sie - unbedingt! - positiv, konstruktiv sein. Es gibt nämlich auch den "Tod durch Vorstellungskraft" (so der Titel eines Buches von Gary Bruno Schmid), nicht weniger eindrucksvoll als das Kapitel "Wunderheilungen", aber natürlich weniger nacheifernswert.
Die Autosuggestion nach Coué bietet so etwas wie eine Gebrauchsanleitung für die in uns angelegte aber heute weitgehend verdrängte, verschüttete Begabung zur optimistischen Weltschau, einer in sich ruhenden, selbstgewissen Zuversicht. Sie ist Zeugnis unseres kollektiv verankerten Wissens um die Heilsamkeit jener Kräfte, die auf direkten Seelenwegen unbewusst, durch den Willen nicht steuerbare Energien zur Lebensbewältigung frei setzen.
Coué selbst sprach übrigens vorzugsweise von "Selbstbemeisterung" und war so etwas wie ein Diätetiker oder Ernährungsberater für den Geist. Wir alle beeinflussen uns permanent durch Gedanken, Einstellungen, Vorstellungsbilder, durch bewusste und weniger bewusste Regungen, nicht weniger unvermeidlich wie wir atmen, trinken und essen müssen.
Coué erkannte, dass es eine Art mentale Menü-Karte, eine besondere Gedanken-Nahrung gibt, mit der wir der Seele auf fördernde, nicht blockierende Weise Nahrung geben. Und so sah diese konkret aus:
Ganz im Zentrum der autosuggestiven Selbsthilfe steht Coués universelle "treffliche Formel", die alles besagt und auf den Punkt bringt:
"Es geht mir mit jedem Tag in jeder Hinsicht immer besser und besser."
Sie soll jeden Morgen beim Erwachen und jeden Abend, sobald man sich zur Ruhe gelegt hat, also unbedingt regelmässig, bei geschlossenen Augen vor sich hingesprochen werden, laut genug, um die eigenen Worte noch deutlich zu vernehmen. Dies soll jeweils 20 Mal geschehen. Eine wertvolle Hilfe kann dabei eine Art Rosenkranz sein, eine Kordel mit 20 Knoten, so dass die Selbstbemeisterung zu einer richtiggehenden Zeremonie wird. Denn der Mensch braucht Rituale, wie die Psychologie neuerdings (wieder) erkannt hat, an denen er sich buchstäblich festhalten kann. Wichtig ist es, die alles umfassende, magische Wendung ohne jede Bemühtheit (Anstrengung), gebetsmühlen- oder litaneiartig herzusagen, wie Coué ausdrücklich empfahl: auf "schlichte, kindliche, mechanische Art und Weise."
Zuteil geworden war ihm seine "Offenbarung" direkt aus den Quellen ursprünglicher Erfahrung und Wahrnehmung, nicht am Schreibtisch oder in Bibliotheken, obwohl er früh auf Phänomene wie die Hypnose aufmerksam geworden war. Emil Coué: "Ich beobachtete die Natur und versuchte, sie nachzuahmen. Je einfacher und kürzer eine Anweisung ist, umso besser ist sie." Deshalb hielt Coué auch lebenslang an der von ihm gefundenen Losung fest, in der - millionenfach bestätigten! - Überzeugung: "Sie schließt alles in sich ein!"
Es ist ratsam, die oben durch Unterstreichungen markierten erläuterten Anweisungen getreulich zu beachten. Jede einzelne Komponente hat ihren tieferen Sinn und einen hohen Stellenwert, sollte also nicht willkürlich "umgemodelt" werden. Wertvoll ist auch das Prozedere: Man nimmt sich Zeit, das Unterbewusstsein positiv einzustimmen, und die "regelmäßige Auffrischung der Seelenkräfte" geht uns dadurch in Fleisch und Blut über. Vernehmlich sprechen müssen wir die Formel deshalb, weil wir durch unsere Sinne lernen - als ganzer Mensch. Nicht durch abstraktes Denken, sondern nur in Verbindung mit unserer Körperlichkeit und die dadurch vermittelte Verwurzelung in der Schöpfung.
Es ist sehr spannend und aufschlussreich, den Erfahrungs- und Erkenntnisweg nachzuvollziehen, auf dem der "Vater der Autosuggestion" zu seiner tieferen Natur-Einsicht gelangte:
Nancy, Frankreich, Ende des 19. Jhd.: Der junge Apotheker Emil Coué (1857-1926) führt das bescheidene Geschäft in gewohnter Manier. Seine Aufgabe besteht hauptsächlich darin, die von Ärzten speziell für den Patienten zusammengestellten Rezepturen penibel nach Anweisung zusammenzumischen und in kleinen Portions-Briefchen an die Adressaten weiterzureichen. Doch dann wird der berufliche Trott durch eine Episode, an die sich erstaunliche Entwicklungen anschließen, abrupt unterbrochen.
1. Ein Schlüsselerlebnis: Ein Kunde von Coué wird zum Dauergast, legt stapelweise immer neue Rezepte von immer mehr Ärzten vor, darunter allen Kapazitäten der näheren und weiteren Umgebung, ohne jemals Linderung seiner Schmerzen zu erfahren. Eines Tages nun setzt der Besucher den Geschäftsinhaber mit einer ungewöhnlichen Bitte in Verlegenheit: "Stellen doch bitte Sie, Herr Coué, mir ein Medikament zusammen." Zu ihm habe er Vertrauen, und er sei fest davon überzeugt: "Der wird mir helfen!" Darauf will sich der Apotheker ganz und gar nicht einlassen. Er hat gelernt, "Erfüllungsgehilfe" der Ärzte zu sein und darf ihnen keineswegs ins Handwerk pfuschen. Doch der Kunde bleibt hartnäckig und wiederholt seinen Wunsch ein ums andere Mal - bis sein Gegenüber schließlich zum Schein einlenkt. Um keinen Schaden anzurichten, stellt er eine Mischung aus völlig wirkungslosen Füllstoffen zusammen und schickt den schmerzgebeugten Besucher schlechten Gewissens mit der "Arznei" und vielen guten Genesungswünschen nach Hause. Nun verstreicht einige Zeit, ohne dass sein Stammkunde sich sehen lässt. Sollte der Apotheker sich darüber beunruhigen? wenn er es tat, dann war dies überflüssig. Denn als wieder einmal die Türglocke bimmelte, erscheint er wie umgewandelt, "war staunenswert verändert, sah frisch, fröhlich und gesund aus, hatte keine Schmerzen mehr und bedankte sich überschwänglich für die tatsächlich eingetreten Heilung."
2. Von der aktiven Suggestion zur bewussten Selbstbemeisterung: Das Erlebnis prägte sich Coué tief ein. Dadurch hatte er eines der erwähnten Fenster zur Wahrnehmung bislang verborgener Facetten der Wirklichkeit aufgestossen, und was er dabei erfahren hatte, warf ein neuartiges Licht auf die Seelenlandschaft des Menschen überhaupt: unsere geistige Disposition - und ihre unauflösliche Verknüpfung mit rätselhaften medizinischen Abläufen wie (Wunder-) Heilungen ohne erkennbare Ursache. Sichtbar geworden war dies an dem, was man ein "Medikament" nennt.
Um Wirkung zu entfalten, so die Konsequenz aus vielfältigen, weiteren Erfahrungen mit seinen Kunden, bedarf es weit mehr als nur eines "Wirkstoffes". Zusätzliche Faktoren mussten unterstützend oder als eine Art Katalysator an die Seite treten, um das geradezu kindliche Vertrauen in die tatsächliche Wirksamkeit eines Pulvers, in Tabletten, Tropfen, Tees, Zäpfchen bildete dabei ein ganz entscheidendes Element. Dies klang zwar überholt und passte nicht so recht in die moderne naturwissenschaftliche Sicht der Dinge.
Eine solche ganzheitliche Betrachtungsweise war andererseits wiederum durchaus nicht neu, entsprach menschlicher Erfahrung. Sie fand sich schon in Ansätzen im Erkenntnisschatz der "magischen Medizin", wurde aber besonders schön und treffend sicher durch den Philosophen Platon vor Jahrtausenden in die Worte gefasst: "Das Heilkraut ist ein ganz bestimmtes Blatt. Aber zur Arznei gehört auch ein Zauberspruch. Wer gesund werden will, muss ihn aufsagen. Ohne Zauber ist das Blatt wirkungslos."
Emil Coué folgte der Spur des Zauberwortes: Wenn er die verordneten und oft genug auch kurios zusammengestellten Pülverchen der Mediziner in seinen Briefchen verstaut hatte, übergab er sie nunmehr stets mit einem ermunternden Kommentar. So etwas dem Hinweis, dass es sich um ein ganz vorzügliches Mittel handele, das den Patienten mit Sicherheit und im Nu wieder auf die Beine bringen würde. Oder er fügte an: "Der Doktor hätte gar nichts Besseres verordnen können. Sie werden sich nach der Einnahme wie neugeboren fühlen." Das Ergebnis des kleinen Kunstgriffs war frappierend: Arzneien, denen er auf diese Weise seinen Segen mitgegeben hatte, zeigten eine "unvergleichlich bessere Wirkung", als wenn er sie nüchtern, sachlich, geschäftsmässig, unkommentiert überreicht hätte.
Was steckte hinter diesem erstaunlichen Phänomen? Ein Funke war offenbar übergesprungen. Das Samenkorn, das der Apotheker im Geist der bewusst-unterbewussten Wahrnehmung ausgesät hatte, die Suggestion war beim Kranken aufgegangen, hatte sich dort als "gedankliche Selbstbeeinflussung" ohne jede Willensanstrengung entfaltet. Damit war der entscheidende Schritt getan, die innere geistig-seelische Dynamik als zentrales Wirkungsprinzip der Besserung zu identifizieren und jedermann zugänglich zu machen - zum Guten, der Heilung statt dem Negativen und der Krankheit: Die "bewusste Autosuggestion nach Emil Coué" war geboren!
Als "Guru" hat sich Coué zeitlebens trotz des späten Ruhms nicht verstanden - es hätte ihn auch nie jemand als solchen bezeichnet. Er hielt sich bescheiden im Hintergrund. Auch wenn ganze Heerscharen von Jüngern, Kranken, Beladenen und nicht selten sensationslüsterne Zeitgenossen seinen Garten - den bevorzugten Versammlungsort für seine Vorträge - bevölkerten und an seinen Lippen hingen, als erwarteten sie aus seinem Mund Heilslehren. Doch war er auch einer der großen Weisheitslehrer nicht nur seiner Zeit. Und dies gerade deshalb, weil er, ganz unprätentiös, gar nicht für sich beanspruchte, ein (Buch-) Gelehrter zu sein.
Warum tun wir gut daran, die positiven psychischen Kräfte in uns durch Autosuggestion, eine gezielte tägliche Übung, zu mobilisieren? Unser Gedächtnis und Bewusstsein gleicht einem riesigen Ozean an Botschaften. Fast alles davon liegt unter der sichtbaren Oberfläche und ist unzugänglich - und bewegt sich doch: Die Bilder und Erinnerungen verändern sich, ob wir wollen und es wissen oder nicht. Dies gilt für Sorgen, Ängste, Nöte, die dort schlummern, aber auch für glückliche Reminiszenzen, freudige Ahnungen, Wünsche, zarte emotionale Bindungen. Was davon gewissermaßen als Blase nach oben dringt, sollte man nicht einfach dem Zufall überlassen oder der momentanen Gestimmtheit. Sonst dominieren in der Welt globalisierten Unheils allzu oft die destruktiven, selbstzerstörerischen Kräfte und Mächte. Denn alle Katastrophen auf dem Globus werden uns zeitnah durch die Medien in die gute Stube getragen.
Wir müssen uns darüber im Klaren sein, dass das Unbewusste "einfach gestrickt" ist. Auch wenn der Eindruck vorherrscht, die Konfrontation mit Gewalt auf dem Bildschirm u.ä. stumpfe ab, täuschen wir uns in diesem Punkt möglicherweise gewaltig. Die - zumeist - schlechten Nachrichten brauen sich in ihrer Summe und unbemerkt zum Bedrohungs-Szenarium zusammen, einschüchternd wie eine gigantische Unwetterkulisse, bei der sich schwere Wolken am Himmel auftürmen.
Autosuggestion, Imagination, Selbst-Einstimmung, helfen dabei, das Konglomerat aus unterschiedlichsten Eindrücken, Erlebnissen, Empfindungen, Befindlichkeiten, Stimmungen zu läutern und gewissermaßen unseren Alltag durch ermutigende aufmunternde Gefühle zu erhellen. Autosuggestion ist aber nur die eine Seite: Dadurch mobilisieren wir die positiven Kräfte, wirken auf das Unbewusste, unsere "Programmierung" ein. Zum anderen müssen wir aber die Gelegenheit dann auch beim Schopfe packen und die Knospen sich entfalten lassen: In unserem Tun. Wir sind gehalten, den beschwörenden Worten unmittelbar Taten folgen zu lassen, sie umzusetzen und in dieser Weise positiv gestimmt beispielsweise ungelöste Partnerschaftsprobleme, berufliche Entscheidungen und anderes aufgeschlossen, einfühlsam, zuversichtlich und tolerant - eben konstruktiv - anzugehen.
In dieser Technik äußert sich ein universeller Zusammenhang:
- Autosuggestion spricht die Vorstellungskraft, innere Bilder (Einbildung), den Glauben, Zuversicht an, nicht den Willen. Letzterer kann das Gute und Zuträgliche nicht herbeizwingen. Prof. Brauchle: "Wir verdanken es Coué, dass die Scheidung zwischen Willen und Einbildungskraft zu einer reinlichen und scharfen geworden ist."
- Heilungen, vor allem die "wundersamen", vollziehen sich oft vor dem Hintergrund, dass zerstörerische Selbsteinflüsterungen durch die positive Selbstbemeisterung gewissermaßen gelöscht und ersetzt werden.
Bemerkenswert ist, in welchem Maße z.B. nebenwirkungsreiche chemische Mittel eingespart werden könnten, wenn bei aufflammenden Schmerzen nicht reflexartig zu Pillen gegriffen würde, sondern der Mensch sich wieder mehr auf die in ihm angelegten Mechanismen der "Lebens- und Selbsthilfe", der "Bemeisterung" aus eigener Kraft besinnen würde.
Welch bemerkenswertes Potenzial hier verborgen liegt, zeigt eine Meldung aus der Wissenschaft, die vor einiger Zeit unter der Überschrift "Einbildung mindert Schmerz" durch die Fachpresse ging. Grundlage bildete die Studie eines Teams von Neurologen und Psychiatern. Die amerikanischen Forscher hatten zeigen können, dass Schmerzen nicht nur mit Tabletten, sondern auch mit Autosuggestion gelindert oder beseitigt werden können. "Wer schlimmen Schmerzen entgegenbangt", so der Studienleiter Robert Coghill (Wake Forrest Uni in Winston-Salem, North Caroline), "bekommt sie garantiert". Wer sich dagegen "gut zuredet", empfindet die Attacken auch weniger intensiv. Die gemessene Schmerzreduktion - objektiviert durch Befunde der Kernspintomographie - lag immerhin bei fast einem Drittel (28%).
Natürlich: Man sollte nicht gleich aufgeben, wenn die Gedankenarznei nicht auf der Stelle anschlägt. Ein wenig Erfahrung und Praxis, Initiative, Hartnäckigkeit ist schon nötig. Das Gute fällt uns üblicherweise nicht ohne eigenes Zutun einfach in den Schoß.
Emil Coué und seine Schüler entwickelten noch weitere "Formeln" für ein glückliches und gesundes Leben, aufgebaut auf dem berühmten Satz: "Es geht mir mit jedem Tag und in jeder Hinsicht immer besser und besser." und zugeschnitten auf die persönlichen Voraussetzungen und Bedürfnisse. Denn natürlich kann man die Selbstbeeinflussung auch fokussieren, das Unbewusste auf ein spezielles Problem lenken. Nehmen wir als Beispiel für eine solche Spezialanwendung nach Coué die Schlaflosigkeit. Bewährt haben sich hierbei z. B. Suggestionen wie: "Ich kann schlafen! Selbstverständlich schlafe ich ausgezeichnet! Ich schlafe von Nacht zu Nacht immer besser und besser!"
Ein Glanzlicht der Selbstbehandlung: Die Schmerz-weg-"Beschwörung" nach Coué
Sie eignet sich für die Akut-Selbstbehandlung, ist zwar nicht so bekannt, war dem Meister und seinen Anhängern aber kaum weniger wichtig als seine "treffliche Formel", vor allem deshalb, weil Hilfesuchende oft infolge schmerzhafter Leiden den Weg zu E. Coué suchten und fanden.
Sie sind Rheumatiker und von akuten Gelenkschmerzen geplagt? Oder es erfasst Sie abgrundtiefe Verzweiflung angesichts des Verlustes eines nahestehenden Menschen? IN allen solchen Fällen sollte man sich bemühen, den unerträglichen Alb, der uns zu überwältigen droht, aus dem Bewusstsein, von der Bühne unseres Lebens zu verabschieden. Und dies lässt sich tatsächlich oft ohne viel Aufwand folgendermaßen erreichen:
Man begibt sich allein in einen ruhigen Bereich der Wohnung, streicht über das schmerzende Gelenk (oder die Stirn im Falle von seelischen Bedrängnissen) und wiederholt im Stakkato, wieder unter Bewegung der Lippen und deutlich hörbar die Worte: "Es geht weg, weg, weg, weg, weg..." usw. - so lange es nötig ist, bis sich Erleichterung einstellt.
Es war gerade diese sehr praktische und pragmatische Anwendung, die viele Besucher Coués zu "Jüngern" und Anhängern machte und schließlich so rückhaltlos von seiner Methode überzeugte, dass der unscheinbare Apotheker schließlich als "Wunderheiler" galt. Die Erfahrung nämlich lehrt, dass der ersehnte lindernde Effekt "bei ein wenig Übung" bereits nach 20 bis 25 Sekunden spürbar wird.
Die Autosuggestion nach Coué hat den Praxistest bestanden - und dies nicht nur auf dem Sektor der Selbstbehandlung, sondern auch unter streng medizinischer Kontrolle. Dies geschah zuerst durch den renommierten Klinikleiter und führenden Naturheilkundler Prof. Alfred Brauchle (1898 - 1964), Verfasser der Schrift "Hypnose und Autosuggestion", die in den 30er Jahren weite Verbreitung fand. Prof. Brauchle hatte Coué noch kurz vor dessen Tod in Nancy kennengelernt, war von der Methode und den Erfolgen beeindruckt und führte die Autosuggestion unter der Überschrift "Stimmungserziehung" ins Behandlungskonzept seiner Kliniken ("Prießnitzhaus" in Berlin-Mahlow, Krankenhaus "Weißer Hirsch" in Dresden) ein. Bald schon war sie als "wertvolles und wirksames Instrument in der Hand des erfahrenen Arztes" nicht mehr aus der Therapie wegzudenken und selbstverständlicher Bestandteil des Klinikalltags. Die eigene Erfahrung lieferte auch hier das überzeugendste Argument. Denn mit Hilfe von Coués trefflicher Formel gelang es Brauchle, seine hartnäckigen Magen - und Darmstörungen - auf Dauer! - abzulegen, die zuvor der sachkundig durchgeführten Naturheil- und Diätbehandlung getrotzt hatten.
Auch Dr. Maximilian Bircher-Benner, der Erfinder des Müslis, war gegenüber dem "Couéismus" aufgeschlossen und in seiner berühmten Klinik auf dem Zürichberg ausdrücklich bemüht, "die Stimmung der Kranken zu heben und ihre Aufmerksamkeit auf die Gesundung zu lenken und eine entsprechende Atmosphäre im Hause zu schaffen". Dazu gab es dann auch in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift ("Der Wendepunkt") in den frühen Ausgaben zahlreiche Beiträge, wobei weniger von Autosuggestion als von "Vorstellungserziehung" gesprochen wurde.
Doch Coué wirkte nicht nur auf die Zeitgenossen. Sein erfolgreiches Konzept wurde, was heute kaum bekannt ist, in jüngerer Zeit von Dr. Erik Rauch (1922-2003) aufgegriffen und am bekannten "Gesundheitszentrum Golfhotel" in Dellach/Wörthersee praktiziert und weiterentwickelt. Dr. Rauch gehörte lange Jahrzehnte als Schüler und Nachfolger von Dr. F. X.Mayr zu den führenden Persönlichkeiten der Naturheilkunde im deutschsprachigen Raum und war einer der bedeutendsten Spezialisten im Hinblick auf die Diagnostik von Verdauungsleiden und Darmsanierung.
Gleichzeitig stand für ihn fest, dass geistige Fehlhaltungen nicht weniger als Fehlernährung den Boden für schwere chronische Leiden wie Krebs, Diabetes oder Herzinfarkt bereiten. Die Autosuggestion nach Emil Coué gehörte deshalb neben den berühmten "altbackenen Semmeln" zum Therapieplan seines Kurhauses, egal, ob es sich nun um die klassische Mayr-Kur, die von ihm ersonnene "Milde Ableitungsdiät" oder um strenges Teefasten handelte, weit wichtiger noch als z. B. die ebenfalls begleitend angewandten anderen Naturheilverfahren (von Reflexzonentherapie bis Homöopathie). Wie Dr. Rauch in vielen Fällen aus seiner Praxis belegen konnte, ist es mit Hilfe der Autosuggestion nach Coué "jedem Menschen möglich, sich von selbst hartnäckigsten und schwersten Leiden zu befreien".
Um die erstaunlichen Genesungen, wie sie mit Hilfe der Autosuggestion zu erzielen sind, richtig einzuordnen, müssen wir uns zwei wesentliche Komponenten ganzheitlichen Heilens vergegenwärtigen. Sie treffen sich jeweils im Bild des "Inneren Arztes". Wie zentral der Aspekt der Selbstheilung - in moderner Ausprägung wohl zuerst von Paracelsus formuliert - tatsächlich ist, hat die britische Autorin Lynne McTaggert anschaulich in Worte gekleidet: "Ohne eine wahre Würdigung dieser wunderbaren Fähigkeit ist die Medizin nichts anderes als ein stumpfes und plumpes Instrument, ein sinnloser Eindringling, ein Höhlenmensch, der gerufen wurde, um einen Großrechner zu reparieren, und dessen Lösung es ist, mit einer Keule darauf einzuschlagen." Somit erscheint jede durch den Menschen ersonnene medizinische Lösung als unzulänglich und höchst dilettantisch.
Wenn die himmlische Sphärenmusik in Lärm umschlägt...
Überall da, wo der Innere Arzt frei schaltet und waltet, blüht eine geradezu unerschütterliche Gesundheit (=umfassendes körperlich-seelisches Wohlbefinden, Belastbarkeit, Widerstandsfähigkeit) auf - ähnlich dem Frühlingserwachen der Natur und seiner unbezwingbaren Dynamik.
Man kann sich den Inneren Arzt auch als "Dirigenten" eines vortrefflich eingespielten Orchesters vorstellen. Doch wehe, die Harmonie geht verloren - dann droht aus dem Wohlklang dissonanter Lärm zu werden. tatsächlich macht der Mensch es besonders den dienstbaren Geistern des Unbewussten schwer. Er fällt dem Dirigenten oft genug gewissermaßen in den Arm, schlägt ihm durch Fehlverhalten den Taktstock aus der Hand. Das geschieht auf mehreren Ebenen:
materiell-stofflich: Genussgifte, Bequemlichkeit, Fehlernährung, Stress bringen den inneren Chemismus des Organismus in Unordnung: Das Orchester produziert mehr und mehr Misstöne.
geistig-seelisch: Durch verschiedene Umstände unserer Sozialisation starten viele von uns geistig-seelisch-spirituell "falsch programmiert" ins tätige Leben: resignativ und in Erwartung von Widerständen statt tapfer, erwartungsvoll und bejahend.
Logische Folge: Die Instrumente sind verstimmt - und in diesem Fall nützt auch der rechtzeitige Einsatz der Violinen oder Bläser nichts. Spielen wir geistig nicht mit, kommt keine gesamtkörperliche Harmonie zustande, sondern zunehmende Dissonanz.
Die "Selbstbemeisterung" nach Coué stellt so etwas wie das immer perfektere Stimmen der Instrumente dar und bildet daher eine Voraussetzung für das Gelingen der Aufführung. Darin liegt die Bedeutung von Coués Geniestreich, der sich ansonsten aus verschiedenen bereits vorhandenen - wenn auch teilweise verschütteten Heiltraditionen speist.
Was leistet der Innere Arzt ganz konkret?
1. Er macht die Bahn frei für Abwehr- und Erneuerungskräfte: Auf der körperlichen Ebene geschieht das durch die Beachtung von Lebens- und Naturgesetzen, dadurch, dass man die physiologischen Voraussetzungen schafft, um einen reibungslosen Ablauf der erneuernden Lebensprozesse zu gewährleisten.
2. Auf der Ebene der inneren Einstellungen unterstützen wir die Seele durch Optimismus, Neugier, unbedingten, erwartungsvollen Behauptungswillen. Diese sind dem Leben nämlich immanent, so lange es sich nahe den Wurzeln unseres Herkommens entfaltet. Alles andere ist zivilisatorische Deformation durch den Drill menschengeschaffener Umstände und einer oft nicht sehr glücklichen Erziehung. Solche Defizite vermag die Autosuggestion nach Coué zu "löschen". Und dies erklärt zu großen Teilen die enormen Erfolge, die schon vor hundert Jahren mit der Autosuggestion bei so gut wie allen chronischen Leiden beobachtet wurden und die wirklich an Wunder grenzten. Es betrifft aber auch noch einen weiteren, bislang so gut wie gar nicht genutzten Effekt, nämlich die Chance auf langanhaltende Jugendlichkeit.
Jungbrunnen Autosuggestion
Wie zentral unsere Gedanken und Vorstellungen sogar Altersvorgänge beeinflussen und insbesondere die Zellatmung aktivieren, für jugendliches Bindegewebe sorgen sowie das Nervensystem aktivieren können, haben neuerdings Bewegungstherapeuten wie Eric Franklin gezeigt. Die inneren Bilder und begrifflichen Prägungen wirken tatsächlich bis "in die Wunderwelt der Körperzellen". Auf der anderen Seite gilt: Düstere Gedanken rauben Lebensjahre. "Wer in seiner Jugend pessimistisch ist", so fand Dr. Seligmann, Uni von Pennsylvania, vor schon gut 15 Jahren in umfangreichen Untersuchungen heraus, "trägt ein hohes Risiko, ab der Lebensmitte eine schwere Zivilisationskrankheit - z. B. Arteriosklerose - zu entwickeln".
Glanz und Elend des positiven Denkens
Positive Selbstbestärkung (Motivation, Visualisierung) ist im Leistungssport schon lange zu einem - legalen - Leistungssteigerer geworden und aus dem Training auch von Fußballclubs nicht mehr wegzudenken. Dies versteckt sich oft hinter populären Floskeln wie "mentale Stärke" u.ä. Man hat nämlich erkannt, dass die Mobilisation verborgener Reserven oft zum entscheidenden Plus innerhalb einer großen Gruppe von vergleichbar leistungsstarken Kontrahenten wird, also jenen Faktor darstellt, der den Top-Athleten zum "Siegertyp" macht. Doch wohlgemerkt: Behalten Sie immer im Auge, dass es nicht darauf ankommt, anderen den Rang abzulaufen. Im Mittelpunkt steht die Entwicklung der Persönlichkeit.
Wahr ist: Die Idee des "Positiven Denkens" wurde neuerdings durch eine "zeitgeistige Um-Interpretation" verwässert: Reich zu werden, möglichst viel "Kohle zu machen" steht bei populären Varianten in jüngerer Zeit allzu oft im Vordergrund. Dies waren und sind Verzerrungen einer tieferen Wahrheit. Hinter ethisch teilnehmendem positivem Denken steckt viel mehr als nur eine Modeerscheinung oder ein "Schwindel mit einem gefährlichen Erfolgsversprechen". Ziel sind hierbei keine mit Ellenbogen erzwungenen Vorteile. Es handelt sich vielmehr um eine Strategie, ersonnen vom Leben selbst, damit seine Geschöpfe im Labyrinth existentieller Unwägbarkeiten festen Grund unter den Füßen behalten. "Gottvertrauen" hieß es früher in einer sehr schönen Wendung. Heute könnte man vielleicht vom "spirituellem Urvertrauen" sprechen. wer auf die Kraftquelle der Autosuggestion für ein gelungenes und gesundes Leben zugreifen will, halte sich besser an das Original als die zahlreichen modernen Epigonen - also an den bescheidenen französischen Apotheker, der mit seiner so schlichten wie bezwingenden Formel Weltruhm und Unsterblichkeit erlangte.
Die innere Haltung ist entscheidend
Der Geist, unsere innere Haltung und Einstellung zum Dasein ist ein wichtiger Faktor und wirkt auf unser Leben konkret, gestaltend zurück - nach ganz eigenen Gesetzen, zu denen unser Bewusstsein im Zuge einer künstlichen Reglementierung des Zusammenlebens den unmittelbaren, eigentlich selbstverständlichen Zugang verloren hat.
Schon Albert Einstein formulierte: Materie ist geronnener Geist. Der Geist bleibt schwach, und wir werden zum Spielball von wechselnden - manipulativen oder selbstinszenierten - Einflüssen, wenn wir es versäumen, "grüne" statt rote Gedankenkeime zu säen, aus denen dann über unser Verhalten am Ende mit einer couragierten Charakterprägung ein "gütiges" Schicksal wachsen kann. Es genügt nicht, "verbal" positiv zu denken, gleichzeitig aber alte Wunden und Verletzungen, Feindschaften, Rivalitäten zu pflegen. Dies ist wahrscheinlich die Grundlage dafür, dass eine gute Sache (das "Positive Denken") in jüngerer Zeit auch so viel ätzende Kritik auf sich ziehen konnte. Autosuggestion, dessen muss man sich immer wieder erinnern, ist eine pragmatische Sache, keine akademische. Sie soll sich im täglichen Verhalten niederschlagen und unseren Weg prägen, auch wenn das Leben natürlich nicht allein aus eitel Sonnenschein besteht.
Und positive Bestärkung ist auch keine Erfolgsstory nach dem Motto "mit Coué vom Tellerwäscher zum Millionär". Die Fixierung auf materiellen Zugewinn als Lohn der vertrauensvollen Haltung zur Schöpfung ist eher der Ausdruck einer fehlerhaften "Programmierung" im Sinne der Konkurrenz und Ellbogengesellschaft, führt die Idee des "Positiven Denkens" also im Grund ad adsurdum.
Resümee: Autosuggestion als Weg zum Selbst
Es gibt ein schönes Zitat von Dostojewskij. "Wenn wir lieben", so meinte der russische Romancier, "erkennen wir den anderen so, wie Gott ihn gemeint hat." In solcher Weise ist auch die Gedankenschulung nach Emil Coué so etwas wie ein Erkenntnisweg zum eigentlichen Selbst. Denn Autosuggestion betreibt jeder von uns ganz automatisch. Wir müssen die Sache nur richtig anpacken und zwischen den zwei grundsätzlich-gegensätzlichen Möglichkeiten klug wählen:
- Wir können uns die in uns angelegten Möglichkeiten und Talente zum Glück durch negative Programmierung blockieren, uns selbst ein Bein stellen. Dieses Stadium ist üblicherweise schon erreicht und hat sich verfestigt, wenn die Kinder der Grundschule entwachsen. Oft liegt der Keim für die negative Weltsicht in allerfrühesten Kindheitserfahrungen ("Domestikation" durch bestimmte - vermeintlich - kulturell-soziale Erfordernisse).
- Wir können die geistigen Energien aber auch zum Wohle der körperlichen Stabilität fließen lassen, sie bestärkend zur Überwindung von Problemen aller Art einsetzen, indem wir uns "positiv" zur Welt stellen. Wie wir erwarten, dass die Welt uns mit Wohlwollen behütet, so müssen wir auch der Welt wohlgesonnen sein. Da ein solches "Urvertrauen" heute den wenigsten Menschen mit in die Wiege gelegt wird, müssen wir uns aktiv darum bemühen, uns des kindlichen Trostes selbst versichern - und eine der wichtigsten Strategien auf diesem Sektor stellt die Autosuggestion oder Selbst- und "Schicksalsbemeisterung" (E. Coué) dar.
Artikel von Norbert Messing aus der "Natur & Heilen" 12/05 quelle: www.bela-verlag.com
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